Ausschließlich online möglich? Emanzipatorische Lernprozesse und kritische Bildung im Fokus digitaler Vermittlungsmöglichkeiten

Im Sommersemester 2021 widmet sich der Jour fixe Bildungstheorie | Bildungspraxis der Frage, ob und wie emanzipatorische Lernprozesse und kritische Bildung (ausschließlich) online möglich sind. Was bedeutet der Verlust der „leibhaftigen“ Begegnung, der Versammlung an raumzeitlich konkreten Orten zu Zwecken der Bildung? Was wird aus der Idee der sich bildenden Vergemeinschaftung, wenn Menschen sich nicht mehr „real“ begegnen, wenn sie nicht mehr „vor Ort“ gemeinsam Erfahrungen machen, nicht mehr gemeinsam Stimmungen erleben und erzeugen, lachen, debattieren, Fragen, Gedanken und Wissen austauschen? Gerade in der emanzipatorischen Bildung spielen Gruppensettings, interaktives Handeln und gemeinsame Erfahrung eine wichtige Rolle. Wie ändern sich Bildungssituationen und -prozesse unter der Bedingungen von „distance learning“ und digitaler Kommunikation? Welche Erfahrungen gibt es bislang? Welche Potenziale können benannt, welche Kritiken vorgebracht werden?

Der Jour fixe Bildungstheorie | Bildungspraxis: Die Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation zwischen Erwachsenenbildung und Universität, in der das Theorie-Praxis-Verhältnis der Erwachsenenbildung als lebendiger Diskurs gepflegt wird. Im Zentrum der Diskussions- und Vortragsabende,  Expert*innengespräche und Workshops an vier bis fünf Terminen pro Semester stehen offener Austausch, Perspektivenwechsel, theoretische Reflexion und Kritik. Die Reihe ist offen für alle Interessierten.

Konzept und Organisation:

  • Bettina Dausien: Professorin für Pädagogik der Lebensalter am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.
  • Wolfgang Kellner: Leiter des Bildungs- und Projektmanagements im Ring Österreichischer Bildungswerke.
  • Daniela Rothe: Vertretungsprofessorin für Erwachsenenbildung am Institut für Berufs- und Weiterbildung der Universität Duisburg-Essen.
  • Stefan Vater: wissenschaftlicher Mitarbeiter der Pädagogischen Arbeits- und Forschungsstelle des Verbands Österreichischer Volkshochschulen.

 

Angelika Hrubesch, John Evers: Basisbildung und Volkshochschule digital?

Im Zwiegespräch wird von den Erfahrungen im „distance learning“ der Wiener Volkshochschulen berichtet. Diverse „Lockdowns“ treffen die VHS Teilnehmer/innen noch härter als die Schüler*innen: bis zum heutigen Tag dürfen z.B. nicht abschlussorientierte Kurse nicht im Präsenzmodus stattfinden. Trotz digitaler Angebote und neuer Lernformate im "Distancemodus" fehlt die Volkshochschule vielen Teilnehmenden als physischer Ort der Begegnung und Auseinandersetzung. Es wird berichtet, was das für unsere Teilnehmer*innen bedeutet und wie versucht wird, VHS Bildungsangebote – besonders für benachteiligte Gruppen - trotzdem aufrecht zu erhalten und sie den Bedürfnissen und (auch technischen) Voraussetzungen der Teilnehmer*innen anzupassen. Angelika Hrubesch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im AlfaZentrum für Migrantinnen der Wiener Volkshochschulen, John Evers ist Geschäftsbereichsleiter der Initiative Erwachsenenbildung IEB der Wiener Volkshochschulen.

Mittwoch, 19.05.2021, 19h
Online: https://zoom.us/j/99566651668
Meeting-ID: 995 6665 1668

 

Daniela Holzer: Verengende Rahmung. Von der Notwendigkeit, für kritische Bildung den Bildschirmrand zu sprengen

Die Ränder unserer Bildschirme verengen derzeit unser Denken und Bildungshandeln auf einen kleinen Ausschnitt. Die Ränder rahmen Videoübertragungen, Präsentationen und zu bearbeitende Dateien. Sie rahmen Gespräche und die Zusammenarbeit. Die sich mittlerweile einstellende Routine der Online-

Lehre beruhigt zum einen, zum anderen aber verlieren wir in der Sicherheit dieser Routine manchmal die vorgegebenen Begrenzungen aus dem Blick. Die Digitalisierungs-Mantras und die zahlreich aufpoppenden „Tools“, Tipps und Tricks versprechen einen unendlichen virtuellen Möglichkeitsraum. Aber der virtuelle Raum bleibt in den Rahmen eingezwängt. Der Bildschirmrand bleibt bestehen. Und unsere Körper bleiben allein. Im Rahmen kann sich manches bewegen, aber: Kann kritische Bildung gelingen, wenn sie einzig und allein in diesem Rahmen bleibt? Bestimmt nicht. Dieser Beitrag ist ein Plädoyer

dafür, den Bildschirmrand zu sprengen, weil kritische Bildung reale Begegnung und randüberschreitende Erfahrungen braucht.

Daniela Holzer ist assoziierte Professorin am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz, Arbeitsbereich Erwachsenen- und Weiterbildung.

Mittwoch 16.06.2021, 19:00 Uhr
Online: https://zoom.us/j/98848461893
Meeting-ID: 988 4846 1893

 

Ute Paulweber, Margarete Ringler: Gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung im Ehrenamt: geht das auch online?

Gemeindebezogene Erwachsenenbildung zielt auf Lernprozesse ab, denen ein direkter Austausch, gemeinsames Handeln, sinnesreiche Erfahrungen und Erleben in der Gruppe zu Grunde liegen. Online-Angebote stellen für communityorientierte Bildungs- und Kulturarbeit eine ganz besondere  Herausforderung dar - mit überraschenden Zwischenergebnissen. Zwei Pionierinnen berichten im Dialog von Online-Erfahrungen mit Erwachsenenbildung in Gemeinden und Regionen, mit Ehrenamt und freiwilligem Engagement: Ute Paulweber vom Katholischen Bildungswerk Steiermark und Margarete Ringler vom Tiroler Bildungsforum.

Ute Paulweber ist Geschäftsführerin des Katholischen Bildungswerks Steiermark, Margarete Ringler ist Geschäftsführerin des Tiroler Bildungsforums.

Mittwoch 30.06.2021, 19:00 Uhr
Online: https://zoom.us/j/97926970405
Meeting-ID: 979 2697 0405

 

„Ich wünsche mir, dass es in baldiger Zeit ein Ende hat und dass ich wieder Menschen auf der Uni treffen kann.“ Studium in Zeiten der Pandemie: eine Lesung zu Erfahrungen und Sichtweisen Studierender

Die Universität ist ein Ort kritischer und emanzipatorischer Bildung, auch wenn diese Idee im Zuge neoliberaler Bildungspolitik zunehmend unter Druck gerät und sich gegen die Doktrin effektiver Wissens- und Kompetenzvermittlung verteidigen muss. Universität ist nach wie vor ein gesellschaftlicher Ort des

Diskurses und Disputs, der Begegnung und Vernetzung, des Sich-Erprobens und der Entwicklung von Perspektiven und Positionen. Dafür braucht es reale Räume und konkrete Praxen des Sprechens und Hörens, der Begegnung und Erkundung. Was passiert, wenn – wie im vergangenen Jahr – die Universität nahezu vollständig auf ihren Charakter als realer Ort verzichten muss, wenn Kommunikation hauptsächlich, für viele ausschließlich, über Moodle oder Zoom stattfindet? Wenn Begegnung mit anderen zum An- und Abschalten von Kamera und Mikrophon wird? Wenn Lehrende sich entscheiden, ob sie mit den Studierenden „synchron“ oder „asynchron“ in Kontakt treten wollen – und welche Form von Kontakt ist überhaupt möglich? Wie erleben Studierende die „neue digitalisierte“ Universität? Mit welchen Problemen haben sie zu kämpfen, aber welche Vorteile bietet das „distance learning“ auch?

Erfahrungen und Sichtweisen von Studierenden zum Thema „Corona-Semester“ werden in Form einer Lesung vorgetragen, kommentiert und diskutiert. Organisation: Bettina Dausien und Mitarbeiter/innen des Arbeitsbereichs Biographie, Bildung und Gesellschaft am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.

Mittwoch 30.06.2021, 19:00 Uhr
Online: https://zoom.us/j/97926970405
Meeting-ID: 979 2697 0405