Barrierefreiheit und Gendern
Alle Menschen wollen sich angesprochen und repräsentiert fühlen. Dieser Aspekt verbindet Bemühungen um Barrierefreiheit und gendergerechte Sprache. Bei beidem geht es um Inklusion, Teilhabe und die Vermeidung von Diskriminierung. Allerdings kann gegenderte Sprache der barrierefreien Verständlichkeit von Texten auch im Weg stehen. Da es bislang im Deutschen keine einheitliche Variante gibt, auf die sich alle einigen können, gilt es, je nach Zielgruppe Kompromisse zu finden.
Varianten gendergerechter Sprache
In der deutschen Sprache gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Möglichkeiten zu gendern.
Einige Varianten konzentrieren sich auf die sprachliche Darstellung von Frauen und Männern. So können z.B. beide Formen ausgeschrieben werden (Teilnehmerinnen und Teilnehmer) oder das Binnen-I verwendet werden (TeilnehmerInnen).
Bei anderen Varianten des Genderns kommen Sonderzeichen zum Einsatz, etwa der Gender-Stern (Teilnehmer*innen), der Gender-Doppelpunkt (Teilnehmer:innen) oder der Gender-Gap (Teilnehmer_innen). Der Gedanke dahinter ist, auch Geschlechtsidentitäten zwischen oder außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit (Binarität) männlich-weiblich zu inkludieren und sichtbar zu machen. Die Sonderzeichen sollen diesen Zwischenraum symbolisieren.
Schließlich gibt es Gender-Varianten, bei denen versucht wird, geschlechterneutrale Alternativen zu finden, z.B. mit Varianten mit Partizip (Teilnehmende) oder Umschreibungen (alle, die teilnehmen).
Barrierefreiheit mitbedenken
Um möglichst viele Menschen mit Informationen zu erreichen, ist es wichtig, dass Texte einfach verständlich und gut lesbar sind. Davon profitieren Menschen:
- mit Lernschwierigkeiten,
- die gerade Deutsch lernen,
- mit geringer Lesekompetenz,
- mit Sehbehinderungen oder blinde Menschen, die technische Hilfsmittel zum Lesen verwenden,
- die gehörlos sind und deren Muttersprache die Österreichische Gebärdensprache ist.
Aber auch für geübte Lesende sind einfach verständliche und gut lesbare Texte angenehmer.
Im Hinblick auf eine möglichst barrierefreie Gestaltung von Texten gibt es drei wichtige Punkte zu beachten:
1) Verständlichkeit und Lesbarkeit
Für Menschen mit Lern- oder Leseschwierigkeiten können manche Genderformen verwirrend sein, da sie ungewohnt sind. Ebenso kann der übermäßige Gebrauch von Sonderzeichen den Lesefluss stören. Dies kann z.B. auch Menschen aus dem Autismus-Spektrum Schwierigkeiten bereiten.
2) Screenreader-Tauglichkeit
Screenreader und Sprachausgabe-Programme, die von blinden und sehbehinderten Menschen genutzt werden, lesen manche Sonderzeichen je nach Konfiguration mit vor. Aus „Teilnehmer*innen“ wird so z.B. „Teilnehmer-Stern-innen“. Das erhöht die vorgelesene Textmenge. Besonders umständlich wird es, wenn verschiedene Genderzeichen in einem Text verwendet werden, z.B. „der/die Teilnehmer*innen“. Für Screenreader sind neutrale Umschreibungen am besten zu bewerkstelligen, gefolgt vom Gender-Doppelpunkt (je nach Konfiguration der Software).
3) Einheitlichkeit
Die einheitliche Verwendung einer Genderform unterstützt die Verständlichkeit und Lesbarkeit. Wenn Sie sich für eine Variante entschieden haben, behalten Sie diese im gesamten Text bei.
Vor- und Nachteile verschiedener Gender-Formen
Allgemein lässt sich sagen, dass im Hinblick auf Barrierefreiheit Gender-Varianten ohne Sonderzeichen oder Binnen-I besser geeignet sind. Sie sind in der Regel besser verständlich und bereiten Menschen, die eine Sprachausgabe nutzen, weniger Schwierigkeiten.
Entscheiden Sie je nach Zielgruppe und Textart, welche Form des Genderns Sie verwenden. „Die eine“ optimale Lösung gibt es nicht und eine der größten Schwierigkeiten derzeit ist, dass es bislang keine einheitliche Variante gibt, auf die sich alle einigen können. Menschen mit Behinderungen müssen also je nach Text mit unterschiedlichsten Sonderzeichen oder Schreibvarianten umgehen. Das kann sehr mühsam und verwirrend sein.
Hier finden Sie eine Übersicht über verschiedene Varianten des Genderns, mögliche Vor- und Nachteile und Überlegungen in puncto Barrierefreiheit.
Einfache Sprache für bessere Verständlichkeit
In der neuen Broschüre „Einfache Sprache – Empfehlungen für bürgernahe Kommunikation“ des Projekts BhW barrierefrei geben wir Ihnen viele praktische Tipps, wie Sie Texte klar und verständlich gestalten können, sodass Sie möglichst viele Menschen mit Ihren Informationen erreichen.
Sie können die Broschüre kostenlos in Papierform bestellen oder ab 06.09.2024 im Downloadbereich (https://www.bhw-n.eu/downloads) herunterladen.
Kontakt:
BhW barrierefrei
Flora Buchinger
02742-311337-136
barrierefrei(at)bhw-n.eu
Weiterführende Links:
https://www.blindenverband.at/de/information/gendern
https://www.capito.eu/app/uploads/genderstudie-2023-vollversion.pdf
https://www.genderleicht.de/barrierefrei-gendern-was-soll-ich-beachten/
https://www.genderleicht.de/gendern-in-leichter-sprache-anleitung/
https://www.jku.at/fileadmin/gruppen/39/Sprachleitfaden_Langversion_A5-FINAL_bf.pdf
https://www.lucia-clara-rocktaeschel.de/barrierefrei-gendern/
https://www.netz-barrierefrei.de/wordpress/gender-gerechte-sprache-und-barrierefreiheit/